16. Fortsetzung

der Geschichte des 11. (Sächs.) Infanterie-Regiments

 

In dieser Folge sprechen wir nicht von den Leistung er Einzelner und den Einheiten unseres Regiments. Wir geben einen Überblick über den harten Winterkamp im Raume von Rshew, wo zahlreiche russische Armeen versuchten, die deutsche Front zu durchbrechen und deutsche Verbände einzukesseln. Wenn auch in der Folge unser Regiment und unsere 14. Inf.-Div (mot) nicht namentlich genannt werden, so sind die Leistungen und harten Kämpfe im Rahmen der 3. Pan zerarmee unter unserem Generaloberst Reinhard und des LVI. A. K, die gleichen wie bei den anderen aufgeführten Divisionen.

Die Winterschlacht von Rshew

Die in der ersten Hälfte Januar westl. Rshew nach Süden durchgebrochenen beiden Feindarmeen (29. und 39. Armee) wurden ab 21. 1- mitten im russischen Hoch. Winter in vierwöchigen harten Kämpfen angegriffen, wobei die Masse der 29. Armee und starke Teile der 39. Armee vernichtet wurden.

Der Plan des Gegners, den Eckpfeiler Rshew auszubrechen, im Rücken der 9. Armee gegen die Autobahn vorzustoßen und die deutsche Mittelfront im Zusammenwirken mit einer von Süden vordringenden Angriffsgruppe einzuschließen und zu zerschlagen, wurde dadurch zunichte gemacht.

1. Der Feinddurchbruch westlich Rshew

Nach den bis zur Erschöpfung geführten Rückzugskämpfen der 9. Armee aus der Kalininer Linie bis vor die Gshatsk-Rshew-Linie verdoppelte der scharf nachdrängende Gegner seine Anstrengungen, die deutsche Front zu zertrümmern. Sein erstes Angriffsziel war die Stadt Rshew, deren Fall den Zusammenbruch der vom Führer befohlenen Gshatsk-Rshew-Stellung bedeutet hätte. Nach den gescheiterten Frontalangriffen gegen die Nordost-Front von Rshew (VI. A, K.) begann der Feind nach Umgruppierung am 4. 1. einen Großangriff gegen die 256. I. D. (XXIII. A. K.), um westlich Rshew nach Süden durchzustoßen und die Stadt durch Umfassung von Südwesten her zu nehmen. Dieser Großangriff führt bereits am gleichen Tage zu einem tiefen Durchbruch, der die bis dahin noch mühsam zusammengehaltene Armeefront zerriß und das XXIII. A. K. von der übrigen Front abspaltete. Die Lage war bedrohlich wie nie zuvor. Zum ersten Mal in diesem Feldzug kämpfte die Armee um Sein öder Nichtsein, Bereits am 5. 1. klaffte zwischen dem linken Flügel der 256. I. D. (jetzt Vl. A. K.) und dem rechten Flügel der 206. I. D. (jetzt XXIII. A. K.) eine Frontlücke von 15 km, in die die roten Divisionen sich rasch nach Süden ergossen, trotz aufopfernden Einsatzes des VIII. Fliegerkorps über die Wolga vordrangen und am Abend mit Spitzen bereits 8 km westlich und südwestlich Rshew standen. Die Gefahr für die Stadt, die nach erneutem Befehl des Führers um jeden Preis zu halten ist, ist auf das höchste gestiegen. Die Lage kann nur durch Gegenangriff gerettet werden, zunächst mit dem. Ziel, die unmittelbare Bedrohung von Rshew abzuwenden, sodann die Frontlücke zu schließen und ein Nachströmen stärkerer Feindteile zu verhindern. Ein Angriff mit 4 hastig zusammengerafften schwachen Bataillonen des VI. A.K. nach Westen längst der Straße nach Molodojt-Tud (ab 6. 1.) und ein ergänzender Angriff, der in Eilmärschen herausgezogenen SS-Brigade Fegelein von Westen nach Osten (ab 7, 1.) sind nach Anfangserfolgen zum Scheitern verurteilt, weil der Feind in der Lücke der Frönt schon zu stark geworden ist.

Glücklicherweise verzettelt sich der durchgebrochene Feind in den nächsten Tagen in erfolglosen Einzelkämpfen, so daß die in aller Eile ausgebaute Westfront von Rshew verstärkt werden kann. Die unermüdliche Luftwaffe tut wiederum trotz Schneetreiben und schärfstem Frost das Ihre, den Feind an einer schnellen Ausnutzung seiner bisherigen Erfolge zu hindern. Im Lufttransport werden außerdem die in Orscha und Smolensk eintreffenden Marschbataillone nach Rshew vorgeworfen, weitere Verstärkungen fließen aus der von A.O.K. angeordneten AuskämmAktion zur Leitstelle Rshew. in viel größerem Maße aber verstärkt sich den Feind in der Durchbruchstelle, indem er hinter der schon durchgebrochenen 39. Armee in einer großzügigen Ost-West-Bewegung die Masse seiner vor dem Vl. A.K. stehenden Divisionen in die Durchbruch. Lücke nachschiebt, darunter auch 2 Kav.-Korps. Das A.O.K. vermag diesen Maßnahmen zunächst nur mit  dem Herausziehen je eines Rgt. der 86. und 129. I.D. zu beantworten. Die starken Schneeverwehungen dieser Tage hindern uns bei diesen Bewegungen viel stärker als den winterbeweglichen Russen. Dazu tritt seit 8 1, erneut eine sibirische Kältewelle, welche die täglichen Ausfälle an Erfrierungen in erschreckendem Maße steigert. Außerdem bricht am 9. 1. der erwartete russische Großangriff aus dem Raum Oßtaschkow gegen linken Flügel des abgeschnittenen XXIII. A.K. los, der die weitgespannte, schwach besetzte deutsche Front zu überfluten droht. Stärkere Angriffe gegen den rechten Flügel des VI. A.K. müssen als Vorzeichen eines bevorstehenden konzentrischen Großangriffes gegen Rshew gedeutet werden.

 

Die Erkenntnis, daß eine Rettung der Lage nur durch Wiederholung des Angriffs zur Schließung der Lücke - mit allerdings erheblich stärkeren Kräften - erzwungen werden kann, bricht sich wiederum Bahn. Am 10. 1. meldet der 0.8. an die Heeresgruppe, daß er den erneuten Angriff frühestens am 15. 1, aus dem Raume Rshew nach Westen führen könne, und zwar mit der herauszulösenden 1. Pz.-Div. und 2. inf.-Rgt. Die Lage spitzt sich rasch weiter zu. Bereits am 11. 1. steht eine starke Feindgruppe 20 km westlich Szytschewka und bedroht die lebenswichtige Bahn Szytschewka-Rshew ebenso wie das Verkehrs- und Versorgungszentrum Szytschewka selbst. Die 1. Pz.-Div., im Marsch von Pog.-Gorotischtsche nach Rshew wird gerade noch in letzter Stunde nach Szytschewka abgedreht und trifft nach Nachtmarsch dort in dem Augenblick ein, als der Feind schon am Bahnhof und an den Versorgungslagern kämpft. Durch schneidiges Zupacken gelingt es der Div. im Verein mit der später herangeführten SS-Div. Reich in kräftig geführten Teilschlägen den Raum um Szytschewka endgültig freizukämpfen und damit die Versorgung des Kraftzentrums Rshew auf Straße und Bahn zu sichern.

Auf der West- und Südwestfront von Rshew wehrt die unter Artl.-Kdr. 122, aus Versorgungs- und Bautruppen, einzelnen aus der Front des VI. A.K. herausgezogenen und neu herangeführten Truppenteilen - darunter solche vom Luftwaffen-Gefechtsstand VIII. Fliegerkorps - gebildete Gruppe Lindig und die südl. davon eingesetzte Gruppe Danhauser alle feindlichen Angriffe auf Rshew und die nach Süden führende Eisenbahn bis Bhf. Oßuga in harten Kämpfen ab, trefflich unterstützt von der II./Flak-Rgt.. 4, deren behelfsmäßiger (Flak-„Panzerzug") sich hierbei sehr bewährt. Mehrfache Gleissprengungen durch durchgebrochene feindliche Stoßtrupps haben der Führung sehr ernste Sorgen bereitet, die ausgezeichnet arbeitenden Eisenbahnpioniere konnten aber glücklicherweise immer wieder diese Störungen rasch beseitigen. Auch auf der Nord-und Nordostfront von Rshew müssen in diesen krisenreichen Tagen zahlreiche hartnäckige Angriffe des Feindes, vor allem bei 6. I.D., mit unterlegenen eigenen Kräften abgewehrt werden.

2. Das Schließen der Lücke

Erst mit einer gegenüber dem ursprünglichen Plane erheblichen Verspätung wird der Aufmarsch für den nochmaligen doppelseitigen Angriff zur Schließung der Lücke beendet. Feindlage, grimmige Kälte, Schneetreiben, haben die Vorbereitung dazu, insbesondere den Anmarsch der neu heranzuführenden Verbände, immer wieder verzögert Jeder Tag des Wartens ließ den inzwischen mit stärkeren Kräften auf die Autobahn zuströmenden Gegner Handlungsfreiheit und verschlimmerte vor allem die Lage des abgeschnittenen XXIII. A.K., das nur notdürftig aus der Luft versorgt werden konnte. Durch den Operations-Befehl des A.O.K. vom 18. 1. wurde der Angriffsbeginn für das Unternehmen zur Schließung der Lücke auf den 21. 1. festgesetzt: An diesem Tage trat - bei 45 Grad Kälte - zunächst die Gruppe Szytschewka (1. Pz.-Div., SS-Reich, I.R. 309, Gruppe Pz.-Rgt. 3, Führer: Kdr. 1. Pz.-Div.) nach Nordwesten mit dem Ziel Oßuiskoje an, um den Einbruchsraum zu verengen und der starken Feindgruppe südwestlich Rshew in die Flanke zu stoßen. Eine Verschiebung des Angriffes wegen der furchtbaren Kälte glaubte der O.B. nicht verantworten zu können. Am 22. 1, begann das Vl. A.K. mit der westlich Rshew gebildeten Schwerpunktgruppe den Hauptangriff nach Nordwesten längs der beiden großen Straßen mit dem Ziel, der gleichzeitig nach Osten antretenden Stoßtruppe des XXIII. A.K. (Masse 206. I.D. und SS-Brig. Fegelein) die Hand zu reichen, das XXIII. A.K. wieder an das Versorgungsnetz der Armee anzuschließen und die beiden durchgebrochenen Feindarmee (29. und 39. rote Armee) von ihrer rückwärtigen Verbindung abzuschneiden. Bereits am 23. 1. um 12.45 Uhr reichen sich die Angriffsspitzen des VI, und XXIII. A.K. dank der hervorragenden Kampfleistung gegen einen zunächst überraschten, dann aber sich hart wehrenden Gegner und dank der vorbildlichen Unterstützung durch das Vlll. Fliegerkorps die Hand. Damit waren die beiden „Russenstraßen", die bei Nikolskoje und nördlich Scolomino über die Wolga führen gesperrt. Der entscheidende Schritt zur Rettung des XXIII. A.K. und zur Abschnürung der durchgebrochenen Feindarmeen war getan. Die Tapferkeit der deutschen Truppen, unter denen die 2. Sturmgeschütz-Abt. 189 besonders genannt werden muß, und die deutsche Führung - das zur Angriffsführung eingesetzte Div.-Kdo, 161 I.D. - hatten sich erneut bewährt.

3. Die Bildung des Kessels

Nach Schließung der Lücke ergab sich zunächst die Notwendigkeit, wenigstens eine kurze Angriffspause einzulegen, inzwischen die geschlagene „Brücke" zu festigen und zu verbreitern und das ausgezehrte XXIII. A.K. versorgungsmäßig wieder aufzufüllen. Einer raschen Vernichtung der abgeschnittenen Feindarmeen standen auch die Stärke des Gegners, die Weite der Räume und der Mangel an eigenen Angriffskräften entgegen. Dabei konnte ein gewisser Zeitverlust um so eher in Kauf genommen werden, als die Versorgungslage der abgeschnittenen Feindkräfte mit jedem Tag schwieriger werden mußte, Die Festigung und Verbreiterung dieser Brücke gelingt in den nächsten Tagen ohne erheblichen Feindwiderstand. Die eigentlich sofort erwarteten Feindangriffe blieben aus. Der kraftvolle Stoß aus beiden Eckpfeiler heraus war offenbar gerade im richtigen Augenblick erfolgt, da nämlich die Masse der 29. und 39. Armee durch die Lücke hindurch war und freie Kräfte weder nördl. noch südl, der „Brücke" dem Russen zur Verfügung standen. Am 26. 1, beginnt dann der feindliche Großangriff gegen die Nordfront des Vl. A.K. (256. I.D.), der sich schon am nächsten Tage auf den rechten Flügel des XXIII. A.K. (206. I.D.) ausgedehnt und die Sprengung zum Ziel hat. Die Feindangriffe, die durch Panzer und Luftwaffe nachhaltig unterstützt werden, erreichen in den Tagen vom 28. bis 30. 1. ihren Höhepunkt, führen mehrfach zu gefährlichen Einbrüchen und können schließlich nur mit letztem Einsatz der erschöpften Truppe aufgehalten werden. Dabei geben 256. I.D., SS-Standarte „Der Führer", I.R. 413, Pz-Jg.-Abt. 561, sowie Flak-Kampftruppe der II./4 und II./49 wiederum Beispiele höchsten Heldentums. An der Südfront müssen die angegriffenen Korps leider alle Angriffsabsichten zunächst fallen lassen.

Der hohe Munitionsverbrauch dieser Tage und der infolge der großen Kältewelle stockende Eisenbahnverkehr haben zudem eine bedenkliche Versorgungskrise (Munitionsmangel!) heraufbeschworen, eine für Truppe und Führung gleich starke Belastung. Die Krise steigert sich, als der durchgebrochene Feind mit Anfängen erstmalig am 29. 1. die Autobahn westlich Wjasma erreicht und in der Folgezeit öfter tagelang sperrt. Allerdings verraten aufgefangene Funksprüche des abgeschnittenen Feindes seinen ebenfalls starken Mangel an Betriebsstoff und Verpflegung, während er Munition in erheblichem Umfang durch nächtliche Lufttransporte erhält.

 

In heldenmütigem Kampfe können 256. und 206. I.D. die „Brücke" halten. Auch an diesen Abwehrerfolgen hat das VIII. Fliegerkorps, dessen Jagd-, Kampf- und Aufklärungsverbände auch bei schlechtestem Wetter den Einsatz wagten, hervorragenden Anteil. Inzwischen übernahm das 1. Pz.-Korps am 25. 1. den Befehl über die Richtung Oßuiskoje angetretene Gruppe Szytschewka und am 27. 1 den Befehl über die zum Schutze der Bahnstrecke Rshew-Oßuga eingesetzte 86. I.D. Mit dem Auftrag, die feindliche Kräftegruppe südwestlich Rshew zu vernichten, trat das Korps am 28. 1, an, kämpfte sich in bewegten und wechselvollen Kampftagen gegen einen äußerst zähen Gegner Schritt für Schritt vorwärts und brachte dem Feind besonders hohe Mensch en materialverluste bei. Seit dem 2. 2. schließen sich auch die an der Kesselfront stehenden Teile der Vl. und XXIII. A.K. dem Angriff wieder an und drängen durch zahlreiche Einzelweisung der Armee gelenkt, den zahlenmäßig weit überlegenen Feind mehr und mehr zusammen. Der 0.8. selbst hat durch seine fast täglichen Frontflüge an den Brennpunkten des Kampfes die Geschicke der Armee in der Hand gehalten und Truppe und Führung zu letztem Einsatz mitgerissen. Am 3. 2. wird der Erfolg dieser zähen Einschließungskämpfe sichtbar. Die unermüdliche Luftaufklärung gibt in dem großen Raum westlich der Linie Szytschekwa-Oßuiskoje in großem Stil laufende Ost-West-Bewegung des Feindes, der sich der drohenden Umklammerung offensichtlich zu entziehen trachtet. Gleichzeitig wird der Feind vor 1. Pz.-Div. und 86. I.D. weich, worauf der 0.8. sofort Befehl zum schärfsten Nachdrängen mit Verfolgungskolonnen gibt. Nur an der Südwestfront von Rshew hält weiterhin eine starke Feindgruppe. Auf deren Einschließung und Vernichtung wird der Kampf nunmehr abgestellt. Bereits am 4. 2. nimmt die 86. 1.D. in schneidigem Angriff die wichtige feindliche Schlüsselstellung von Oßuiskcje, und 24 Stunden später reichen sich die rastlos vorwärtsstürmende 1. Pz-Div. und die ihr von Nordwesten entgegenstrebende SS-Brig. Fegelein in Tschertolino die Hand. Damit ist der Ring um die südwestl. Rshew haltende starke Feindgruppe geschlossen. Für die hervorragenden Kampfleistungen dieses Tages spricht der 0.B. den genannten Verbänden seine besondere Anerkennung aus.

4. Die Kesselschlacht

Die Masse der 29. und Teile der 39. Roten Armee sind im Kessel eingeschlossen und zur Vernichtung verurteilt (siehe Skitzze v. 5. 2.). Noch am Abend des 5. 2. befiehlt die Armee die Vernichtung des eingeschlossenen Gegners, damit fällt die Hauptlast des Angriffes weiterhin den Verbänden des XXXXVI. A.K. zu, während Vl. und XXIII. A.K. zunächst die Kesselwand zu halten haben. Die Hoffnung, daß der eingekesselte Feind in wenigen Tagen erledigt werden könnte, sollte sich jedoch als trügerisch erweisen. Der Gegner hat die bedrohliche Lage erkannt und versucht seine Entlastungsangriffe gegen die Nordfront des VI. A.K. (256. I.D.) und später auch des XXXIII. A.K. (206. I.D.), Die Spannung an der gesamten Front von Rshew erreicht in den Tagen vorn 6.-9. 2, wiederum einen krisenhaften Höhepunkt. In nicht abreißenden Wellen fluten die Roten Massen, von Panzern, Artl. und Fliegern wirksam unterstützt, gegen die hart geprüfte und seit Wochen in schweren Abwehrkämpfen stehende deutsche Abwehrfront. Immer wieder bricht der Feind ein, aber immer wieder wird er zurückgeworfen, Dörfer gehen verloren und werden wieder genommen. Ganze Truppenteile opfern sich in der für den Feind unvorstellbar verlustreichen Abwehr auf, aber die Front hält, die Truppe erfüllt - wie es der Führer in seiner Anerkennung für die 9. Armee als Erwartung ausgesprochen hat - vorbildlichst ihre Pflicht! Hier kämpfen deutschen Helden! Der O.B., Tag für Tag auf dem Kampffeld, greift mit persönlichen Weisungen oftmals selbst in den Gang der Kämpfe ein: Er verstärkt den artilleristischen Schwerpunkt bei der bedrohten 256. I.D, und wirft ein zusammengerafftes Btl. des XXVII. A.K. sowie weitere Teile der SS-Div.-Reich aus dem Raum Szytschewka in die Einbruchstelle, in der dann auch der Stab der SS-Div.-Reich den Befehl übernimmt. Verteidigung der „Brücke" und Halten der Kesselfront bleiben zunächst oberstes Gesetz. Ohne Rücksicht auf die nur schwache Besetzung in der langen offenen Westflanke, in der bereits durch Luftaufklärung starke Feindansammlungen festgestellt wurden, hatten die Truppen der 1. Pz.-Div und 86. I.D. in kühnem Vorwärtsdrang den Südwestriegel des Kessels gebildet.

Die Angriffe zur Verengung des Kessels laufen daneben nur langsam an und führen erst am 9. 2. durch Eindrücken des Westteils des Kessels zu einem sichtbaren Erfolg, in den sich die Verbände der 1. Pz.-Div., der 86. I.D. und der SS-Brig. Fegelein teilen. In den nächsten Tagen nehmen die Kämpfe innerhalb und außerhalb des Kessels noch an Heftigkeit zu. Während die Massenangriffe gegen die Nordfront andauern, kommen die Angriffsverbände an der Kesselfront nur schrittweise vorwärts. Die hier zu meisternden Schwierigkeiten sind groß. Der Feind hat sich in dem verzweigten Bunkersystem der alten Wolgastellung fest eingenistet und erhält im Lufttransport immer noch genügend Munition. Die deutschen Angreifer müssen sich gegen diese Bunker über metertief verschneite, oft deckungslose, weite Schneefelder hinweg mühsam vorarbeiten und in aufreibenden Einzel-, Nacht- und Nahkämpfen Stützpunkt um Stützpunkt ausbrechen, die schweren Waffen fehlen sehr, sie mußten an die bedrohte Nordfront gezogen werden. Besonders erbitterte, bis zur Selbstaufopferung geführte Angriffs. kämpfe entbrennen um die zäh verteidigten Stützpunkte Brecaowa-Jersowo und die „Schulhöhe" (III.K) die bis 14. 2, nach Einsatz von Mörsern niedergekämpft werden. Dabei erwerben sich SS-Brig. Fegelein und: das I.R. 451 der 251. I.D- abermals besondere Verdienste. Der immer mehr zusammengedrängte Feind kämpft unter Führung seiner Kommissare und Offiziere mit fanatischer Entschlossenheit und lebt nach über läuferaussagen in der ihr eingeimpften Vorstellung: „Der General Model läßt alle Gefangenen erschießen." Selbst die verlockendsten Flugblätter, die in großer Menge über dem Kessel abgeworfen werden, können diesen Feind nicht zur übergabe bringen. Die westlich des Kessels stehenden Feindkräfte versuchen in wiederholten massierten Angriffen von Südwesten her den Kessel zu öffnen, erleiden jedoch jedesmal, besonders vor Stupino ungewöhnlich hohe, blutige Verluste.

Der 17. 2. bringt den Höhepunkt der Kesselschlacht, während es an der inneren Kesselfront gelingt, dem Gegner in härtesten Kämpfen die letzten Ortschaften zu entreißen, rafft der Feind an der Nord-front sich zu dem letzten großen Versuch auf, die „Brücke" zu sprengen und seine eingeschlossenen Divisionen noch in letzter Stunde zu befreien. In Massenangriffen, die alles bisher dagewesene übertreffen, hetzt er im Großeinsatz, Artl. und Flieger gegen die erschöpfte Abwehrfront, wirft den ganzen Rest seiner Panzerkräfte zusammengefaßt vor und schickt ihnen Angriffswelle um Angriffswelle hinterher. 6 Panzer brechen nach Süden durch, die nachfolgende Infanterie wird in heldenmütigem Kampf gestoppt. Die Spannung steigt aufs Äußerste, es will scheinen, daß der mit unsäglichen Mühen und größten Opfern erkämpfte Schlachtererfolg noch in letzter Stunde verloren gehen soll. Schon empfiehlt die Heeresgruppe, gegen den Kessel nicht weiter anzugreifen, sondern einen großen Teil der dort stehenden Kräfte an die Nordfront zu werfen. Aber Truppe und Führung stehen auch diese schwerste und letzte Nervenprobe durch. Der O.B. selbst alarmiert in aller Eile die betroffenen Truppenteile und setzt sie auf die durchgebrochenen Panzer an. Diese sind bereits in den Rücken der mit Front zum Kessel kämpfenden 1. Pz,-Div. durchgerollt, sie werden dort aber, bevor sie den Kessel erreichen, gestellt und 5 von ihnen durch Artl.-Feuer vernichtet Damit ist die schlimmste Gefahr beseitigt und der Schlachtenerfolg gerettet. Zwar bringen auch der 18 und 19. 2. noch krisenhafte Stunden, weil der Feind im Kessel verzweifelte Ausbruchsversuche nach Süder und Norden macht. Sie brechen aber an dem opfer, mütigen Einsatz der eigenen Truppe und der Wach samkeit der unermüdlicher Luftwaffe unter schwerster Feindverlusten zusammen. Im Norden haben die Entlastungsangriffe gegen die alte Einbruchstelle aufgehört. Der ausgeblutete Feind findet nur noch die Kraft zu erfolglosen Vorstößen gegen die 26. 1.D. Am 20. 2. erreicht die Winterschlacht um Rshew ihren Abschluß. Sie stellte einen Wendepunkt im Winterkampf an der Ostfront dar. Zum ersten Mal hat sich die deutsche überlegenheit wieder im Angriff erweisen können. Was der deutsche Soldat in dieser vierwöchigen pausenlosen Schlacht mitten im Hochwinter gegen feindliche Übermacht geleistet hat, wird als ein Heldenepos in die deutsche Geschichte eingehen. Es war ein dreifacher Kampf gegen den Feind: gegen die Elemente und gegen die Versorgungsnot. Die Truppe lebte in diesen Kämpfen von der Hand in den Mund. Es fehlten ihr jedwede Vorräte an Verpflegung. Gekürzte Portionen für Mann und Pferd waren die Regel. Nur durch letzte Ausnützung von Kolonnen und Trossen konnte die notwendige Versorgung gerade noch herangebracht werden. Die Hälfte der zustehenden Versorgungszüge fiel in dieser Zeit aus. Daß wenigstens die Versorgung in diesem Ausmaße gelingen konnte, ist der Verdienst der unermüdlichen Versorgungsdienststellen und ihrer Truppen.

 

Alle diese Nöte bezwang das Heldentum des deutschen Soldaten. Die Erfolgszahlen sprechen ihre eigene Sprache: Die Masse zweier russischer Armeen wurde angeschlagen oder vernichtet. Im einzelnen wurden 6 feindliche Schützen-Divisionen vernichtet, 4 zerschlagen, 9 weitere und dazu 5 PanzerBrigaden angeschlagen. Dazu kamen 4833 Gefangene, 26 647 tote Russen, 187 vernichtete oder erbeutete Panzer, 343 Geschütze, 265 Pak, 7 Flak, 1148 Granatwerfer und M.G., Hunderte von Kfz, Schlitten und zahlreiches anderes Gerät. Darüber hinaus haben die Verbände des VIII. Fliegerkorps in dieser Schlacht 51 Flugzeuge abgeschossen, 17 am Boden zerstört sowie 4 Panzer, 2 Batterien, 28 Geschütze, über 300 Kfz, ebenso viel bespannte Fahrzeuge und mehr als 200 Schlitten vernichtet.

 

Diese entscheidenden Erfolge mußten mit deutschem Soldatenblut erkauft werden. Die hohen Verluste sind das Zeugnis höchster Einsatzbereitschaft, sie waren bei folgenden Verbänden besonders schwer: bei 86. I.D., bei SS-Div.-Reich (besonders bei Standarte „Der Führer" und Krad-Schtz.-Btl.), bei 256. I.D. (besonders bei I.R. 456), bei der 251. I.D. (besonders bei l.R. 459 und 471) sowie bei der SS-Brigade Fegelein.

 

Schließlich haben auch die an der Ostfront der Armee stehenden Verbände zur siegreichen Beendigung dieser Winterschlacht beigetragen. Sie haben in bangen, schweren Wochen nicht nur die Ostfront gehalten, sondern darüber hinaus - unter weitgehender Entblößung der eigenen Abschnitte - den letzten entbehrlichen Mann an die Front von Rshew abgegeben.