Kurzgefaßte Geschichte des Leipziger Infanterie-Regiments 11.

Vortrag von Dr. Wolfgang Rust bei der Mitgliederversammlung des

Vereins "Sächsische Militärgeschichte e. V." am 19. September 1998

im Militärhistorischen Museum in Dresden

 

Fur ein andere gechichte des Infanterie-Regiments 11 ziehe folgende website:

 http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/Infanterieregimenter/IR11.htm

und dann

http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/Grenadieregimenter/GR11.htm

von Andreas Altenburger

 

 

 

"Königliche Hoheiten, lieber Herr Gräfe,

meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe 11er-Kameraden!

 

Ich freue mich, an dieser Stelle über unser Regiment berichten zu können, zumal ich zum dritten Mal in diesem schönen Hause bin.  Wir haben 1995 mit einer kleinen Abordnung der 11er damals das Haus kennengelernt, und ich hatte mit dem damaligen Befehlshaber, Oberstleutnant von Pritwitz und Gaffron darüber gesprochen.  Darauf sind wir im Jahre 1996 im Rahmen eines Regimentstreffes in Leipzig hierher nach Dresden gefahren und haben das "Armeemuseum", wie es früher hieß, jetzt "Militärhistorisches Museum", ausgiebig besichtigen können in Anwesenheit auch des eben erwähnten Leiters des Hauses, der, wie ich gerade gehört habe, in den letzten Tagen pensioniert worden ist.

 

Was uns besonders berührt hat, das möchte ich doch erwähnen, bei dieser Besichtigung war, daß uns auf unseren Wunsch, weil wir davon wußten, ausnahmsweise alte Fahnentücher vorgelegt wurden, die sonst der Allgemeinheit nicht zugänglich sind, und darunter, befand sich , was wir wußten, ein Fahnentuch des I. Bataillons des 8. Königlich Sächsischen Infantereregiments Nr. 107, das in der- Schlacht von Saint Privat im 70.er Krieg geführt worden ist.

Es gibt eine Darstellung von diesem Ereignis, wonach der Fahnenträger in dieser Schlacht etwa 5- bis 6 mal gewechselt hat, weil er immer gefallen ist, und man konnte die Durchschüsse der Gewehrschüsse in diesem Fahnentuch feststellen.  Sie können sich verstellen, daß das für uns doch recht bewegend war.

 

Ja, nun stehe ich also heute wieder hier, auf Wunsch unseres allseits verehrter, Herrn Gräfe.

Ich kann mich für die Friedenszeit des Infanterieregiments 11 in Leipzig relativ kurz fassen. Auch in Leipzig am Ende des ersten Weltkrieges zunächst Freiwilligenverbände gegen rote Räteherrschaft, dann im Februar 1919 Grenzjägerabteilungen  in Dresden waren es Nr.1 und 2, in Leipzig waren es Nr.3 und 4 und im Sommer 1919 Reichswehrregimenter 37 und 38, deren Personal in ganz überwiegendem Maße alte Mitglieder der königlich sächsischen Regimenter 106 und 107 aus Leipzig waren.

In diese Zeit fiel ein Einsatz gegen die Versuche der Roten, die Macht an sich zu reiben.  Besonders bekannt dürfte für die Älteren noch das Unwesen sein, das Max Höltz im Voigtland getrieben hat. Der wurde 1920 durch diese Reichswehreinheiten dingfest gemacht, und die Sache war erledigt.

 

Am 1.1.1921 wurde dann im Rahmen des Aufbaus der neuen Reichswehr das IR 11 in Leipzig gegründet.  Der erste Kommandeur war der Oberst Bock von Wülfingen, der übrigens 1923 Kommandeur vom IR 10 wurde.

 

Vielleicht kleine Einflechtung: Bock von Wülfingen, eine alte hannoversche Familie, war natürlich ein überzeugter Welfen und, die richtingen alten Welfen sahen zu, daß sie nicht in Preußen, - Hannover war ja 1866 preußische Provinz geworden, - dienen mußten, sondern dienten lieber in Sachsen oder Mecklenburg usw.  So kam Bock von Wülfingen also zu I.R. 106 und damit dann zu 11.

 

Dieses IR 11 hatte 3 Bataillone.  Das erste Bataillon lag zunächst in Freiberg wurde 1934 dann in die Hallesche Straße nach Leipzig in die König-Georg-Kaserne geholt, wo das königlich sächsische Infanterieregiment 106 gelegen hatte, aus dem der ja durch seinen tödlichen Einsatz am 20.7.44 sehr bekannt gewordene General Olbricht stammte.  Das II. und III.  Bataillon und die Regimentseinheiten wurden in Leipzig in die Prinz Johann Georg-Kaserne verlegt, das war die alte 107er Kaserne.  Prinz Johann Georg war ein Bruderdes letzten sächsischen Königs.  Zu dem Gelände gehörten weiterhin Kasernen des ehemaligen Ulanen-Regiments 18, - König Albert Kaserne.  Die hatten natürlich Ställe, und da waren dann die Pferde-bespannten Einheiten des Regiments untergebracht, die Maschinengewehrkompanien, die Minenwerfer - später Infanteriegeschützkompanie - und der spätere Regiments-Reiterzug.  Das war das 100. 000-Mann-Heer mit 12 Jahren Dienstzeit für Unteroffiziere und Mannschaften, und die 11er waren dann auch 1923 an dem Einsatz beteiligt, wo die vollziehende Gewalt dem Kommandeur des Wehrkreiskommandos IV, Dresden, übertragen war, um die Unruhen, die damals wieder ausbrachen, zum Erlöschen zu bringen.

Es folgte dann, ab 1934 beginnend, die Heeresvermehrung.  Am 16. März 1935 wurde bekanntlich die Wehrpflicht verkündet: Allgemeine Dienstpflicht und es wurden erhebliche Truppenvermehrungen eingerichtet. Aus dem IR 11 ging dann hervor unser Schwesterregiment 53 in Naumburg und unser Schwesterregiment 101 in Leisnig.  Das waren die Infanterieregimenter der nunmehr neugebildeten 14.  Infanteriedivision, vorher gehörten wir mit dem IR 10 und dem IR 12 zur 4. Division.  IR 12 lag übrigens in Halberstadt, Quedlinburg und Blankenburg am Harz.

1938 gaben wir unser erstes Bataillon ab, zum Aufbau des IR 32, zunächst in Zeitz, später in Teplitz-Schönau.  Das war ein Kernstück zur Bildung der 24.  Infanterie-Division, die in Chemnitz lag.

 

Die sächsische Landespolizei wurde in die Wehrmacht eingegliedert, und es wurden auch sonst Modernisierungen ünd Verstärkungen eingeführt, 1936 u. a. auch die zweijährige Dienstpflicht.

 

Im November 1937 hatte ich den Mut, mich freiwillig zu melden und trat in die 13.  Kompanie /IR 11 ein.  Ich hatte an sich ursprünglich die Idee gehabt zu studieren und hatte mir gedacht, dann meldest du dich freiwillig, machst erst deine Dienstpflicht, und dann kannst du in Ruhe studieren.  Das war ein bißchen danebengedacht, nach dem üblichen halben Jahr Arbeitsdienst vorweg im Sommer 1937 habe ich dann mein Studiurn allerdings erst nach reichlich 8 Jahren beginnen können - aus wohlbekannten Gründen!

Unser letzter Friedens- und erster Kriegskommandeur war der Oberst.  Haase, der übrigens auch aus der sächsischen landespolizei ursprünglich kam.

 

Anfang August 1939 wurde das Regiment zu einem sogenannten Schanzeinsatz nach Oberschlesien befördert.  Das war also die Vorbereitung zum Kriege, zum Polenfeldzug.  In unsere Kaserne kamen Ersatzeinheiten, Infanterieersatzbataillon 11, Infanterieersatzregiment 14.  Am 26.  August 1939 erging der erste Angriffsbefehl, woraufhin in der Nacht dieses Tages das III.  Bataillon bereits über die polnische Grenze gedrongen war und eine sogenannte "Polenmühle" umstellt hatte.  Mit Müh und Not wurde dieser verfrühte Angriff durch Melder und alle möglichen Unternehmungen gestoppt, denn es war um die Zeit nochmal ein Versuch gewesen, den Krieg zu verhindern, - da hatte sich Mussolini vor allen Dingen eingesetzt.

 

Aber da waren nur wenige Tage:

Am 1. September 4 Uhr 45 begann der Krieg mit dem Angriff gegen Polen, und wir waren von Oberschlesien in dem Gebiet Rosenberg in Richtung Tschenstochau im Rahmen der 10.  Armee eingesetzt, die der später sehr bekannt gewordene General Reichenau führte.  Am ersten Tag hatten wir schon ein Gefecht, wo ein Konabiturient von mir als ganz Junger Leutnant und als erster Offizier des Regiments fallen mußte.

Am zweiten Tag erlebten wir einen polnischen Fliegerahgriff, das war eigentlich eine Seltenheit, und die schmissen also auch Bomben, aber es waren alles Blindgänger - Gottseidank!  Aber, das muß ich gestehen, wir waren ja alle kriegsunerfahren: Als diese Flugzeuge über uns waren und die Bomben in die Marschkolonne schmissen, gab es ein panikartiges Auseinanderstieben, wir waren ja beritten in der 13.  Kompanie.  Ich war damals Feldwebel ROA noch, und alle ritten und flohen an den nächsten Waldrand.  Nur mein Kompaniechef, das war ein altgedienter Reserve-Offizier des ersten Weltkrieges, blieb in aller Ruhe auf seinem Pferd sitzen, und als wir uns dann wieder sammelten, sagte er: "Die Gefahr bei solchen Ereignissen besteht im Grunde nur aus wenigen Sekunden".  Das hat uns imponiert!  Wir sind dann an Tschenstochau, wo die berühmte Schwarze Madonna ist, vorbei und dann latten Endes bis über die Weichsel gelangt.  Am 17.  August 1939 rückten von der anderen Seite die Russen nach Polen ein.  Eine Tatsache, die heute zum Teil gar nicht mehr erwähnt wird.

Wir waren am 18.  September in Lublin.  Da habe ich das erste Mal in meinem Leben ein richtiges polnisches Ghetto kennengelernt, Juden, die in einem abgeschlossenen Stadtbezirk lebten und in Kellerwohnungen Geschäfte hatten.  Wir Frontsoldaten, wir haben da was eingekauft, wir haben denen nichts getan, das kam dann später.  Am 23.  September hatten wir dann die äuberste ostwärtige Station erreicht, weil die Russen von der anderen Seite kamen, und sind dann wieder zurückmarschiert über die Weichsel, die dann die endgültige Demarkationslinie zwischen Deutschland und Rußland damals war.

Im Polenfeldzug haben wir, abgesehen von einige kleineren Gefechten, glücklicherweise nicht allzuviel Kummer erlebt.  Nur die Marschleistungen in dem zum Teil ja auch sehr schwierigen Gelände waren erheblich, von West nach Ost immerhin eine Entfernung von 450 km.

 

Wir sind dann in Polen verladen worden mit der B ahn, und kamen in einer Fahrt von 3 Tagen nach Krefeld.  In Krefeld wurden wir in der Dunkelheit ausgeladen, ich war ja nun in der 13.  Kp. mit den Pferden, und so dauerte es eine Weile, bis die raus waren.  Prompt kam die Bevölkerung, die da an dem Güterbahnhof wohnte, nachts an und bot uns Schnaps an, und man war begeistert:

"Unsere Jungs, die nun aus dem Polenfeldzug siegreich kommen!" usw. . Ja das war eben 1939!  Wir sind dann später noch weiter an die holländische Grenze verlegt worden, gerade in der Weihnachtszeit bei schon starker Kälte übrigens, was für uns auch etwas ungewohnt war, mit Pferden bei Glatteis.

Es kam dann am 10.  Mai 1940 bekanntlich zum sogenannten Westfeldzug.  Um 5.35 Uhr ging’s los durch den holländischen sogenannten Maastrichtzipfel, durchgegangen über Kanäle, die es in Holland und Belgien ja zum Oberfluß gibt, gegen geringen Widerstand.  Am 11.  Mai waren wir bereits auf belgischem Gebiet, wo wir den bekannten Albert-Kanal und weitere Kanäle überwunden haben.  Am 14.  Mai 1940 hat Holland bereits kapituliert.  Am 17.  Mai 1940 waren wir dann bei Löwen.  Da war die sogenannte Dylestellung, und da haben wir die ersten Engländer vor uns gehabt.  Dann wurde von unserem Regiment 11 ein sogenanntes Vorauskommando gebildet im ersten Bataillon, das eiligst, ziemlich ohne nach rechts und links zu sehen, nach Brüssel fuhr, behelfsmäßig motorisiert.  Der Kommandeur, der damalige Major Weiß, traf zufällig in Brüssel irgendwie den spanischen Botschafter, der allerdings vom Oberbürgermeister wohl losgeschickt war, um den deutschen Truppen entgegenzukommen.

Der hat dann vermittelt, daß Herr Weiß zum Oberbürgermeist.er von Brüssel gebracht wurde, und der hat die Stadt Brüssel darüber gibt's eine Kapitulationsurkunde, die wir jedenfalls im Abdruck noch haben - an den Major Weiß und damit an unser Regiment übergeben.  Bis auf den Westteil- der Stadt., (Ja ist ein Kanal in Brüssel, - aber das war- nur ein kleines Gebiet - , dort lagen noch die Engländer.  Am 18.  Mai 1940 fand eine feierliche Parade in Brüssel statt vor dem kommandiereriden General, wo unser Regiment mit beteiligt war.

 

Dann ging's weiter allmählich in das alte Flandern-Kampfgebiet des ersten Weltkrieges, über die Schelde, über die Lys, (Ja waren schon erste stärkere Verluste zu verzeichnen und dann ein Angriff auf Paszendaele, das ist nicht weit von dem aus dem ersten Weltkrieg bekannten Ort Langemarck.  Da war stärkerer Widerstand, aber am 28.  Mai 1940 hat auch Belgien kapituliert.  Ich sehe noch die Bilder, wie wir morgens da standen, und die Belgien hatten die Waffen niedergelegt.  Danach drangen wir weiter vor allgemeine Richtung Nordwesten zum Kanal, Richtung Dünkirchen.  Wir sind dann von Ende Mai bis Anfang Juni 1940 durch das Gebiet nördlich vom Ypernkanal gelangt.  Da hatten die Engländer die ganzen Schleusen der vielen Kanäle, die es da gab, zerstört mit der Folge, daß das ganze Land überschwemmt war und man nur auf wenigen hochgelegenen Straßen vorrücken konnte.  Aber die Engländer waren schon im vollen Rückzug.  Sie haben alles stehen und liegen gelassen. - Wir haben da Beute gemacht, unwahrscheinlich viel; so haben wir bei der Gelegenheit mal obstkonserven kennengelernt, die wir gar nicht mehr in Deutschland hatten.  Die Engländer haben alles gelassen, vor allem natürlich auch Waffen.  Sie haben zum Teil sogar ihre Fahrzeuge noch nicht mal zerstört oder irgendwas herausgeriommen.  Rechts und links lagen die da in den nassen Straßengräben, und wir nun daran vorbei.  Aber die Engländer haben es geschafft, das ist ja bekannt, die Masse ihrer Menschen, der Soldaten, über den Kanal herüberzubringen nach England.  Die haben uns dann später entsprechenden Kummer bereitet.

Dabei haben sie ihre firanzösischen Verbündeten dazu benutzt, das abzuschirmen. Das hatte zur Folge, daß wir am 4. Juni 1940 den Kanal. erreichten, hart östlich von Dünkirchen bei Malo des Bains, und da wurden die Franzosen, die nun alle als Rückendeckung der, Engländer fungiert hatten, in Massen gefangengenommen, das waren etwa 40 000, nicht bloß von unserem Regiment natürlich, sondern überhaupt.

Damit war für IR 11 der Frankreichfeldzug, kriegerisch gesehen, zu Ende, und die Verluste unserer 14.  Division in dem ganzen Frankreichteldziig betrugen 26 Offiziere und 327 Unteroffiziere und Mannschaften.  Jeder Tote ist beklagenswert.  Aber wenn man weiß, was uns nachher in Rußland geblüht hat, dann sind das kleine Zahlen, sogar sehr kleine Zahlen.

Wir sind dann, das darf ich kurzmachen, vom 6. Juni- 1940 bis 10.  Juli 1940 von der Kanalküste westlich Paris über die Seine bei Les Andelys marschiert und dann südlich weiter und schließlich und endlich in einen Ruheraum nördlich von Orleans, da kamen wir am 10.  Juli 1940 an.  Das waren immerhin 650 km in 19 Tachen., allso eine Durchschnittsleistung von 30 bis 45 km am Tag, wohlbemerkt noch als Fußtruppe, wobei wir uns zum Teil allerdings Fahrräder organisiert hatten.  Die Länge des ersten

 

Teils des Westfeldzuges, den ich eben geschildert habe, bis Dünkirchen, war übrigens 350 km.  Am 24.6.1940 wurde der Waffenstillstand mit Frankrreich geschlossen.

 

Wir haben dann ab 10.  Juli 1940 in dem erwähnten Ruheraum im Quartier gelegen.  Das war damals recht fröhlichl alles, da gab’s noch keine Resistance oder- ähnliche Widerstandsbewegungen.  Vom 29.  September 1940 an sind wir dann nach Leipzig zurücktransportiert worden.  Am 3. Oktober sind wir feierlich in Leipzig unter dem Jubel der Bevölkerung eingezogen.  Die Mädchen warfen Blumen, zum Teil waren sogar Adressen gleich mit dran.  Wir sind dann in Quartiere rings um Leipzig gelegt worden, weil ja unsere Kaserne. nun die Ersatzeinheiten, belegt war.  Wir wurden ab 15.  Oktober 1940 motorisiert, gaben also unsere schönen Pferde ab.

 

Ich war ab 1. April 1940 Leutnant der Reserve und war in der 13. Kompanie - zum Teil auch in der 10. und in der 4. Kompanie gewesen -. Daher bin ich in Leipzig eingezogen als Zugführer eines SMG-Zuges hoch zu Roß, und mein Vater jubelte mir zu.  Wir gaben die Pferde ab mit den Mannschaften und den Veterinären, die dazugehörten und wurden nun motorisiert.  Das fand dann vor allen Dingen statt auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf vom 16.  Februar bis 1. April 1941.

 

Ab 11.  Juli 1941 wurden wir nach Ostpreussen verlegt in einen Unterkunftsraum südlich der Stadt Bischofsburg.  Wir waren unterstellt der Panzergruppe 3 unter Generaloberst Hoth, die dann später unser Generaloberst Reinhardt, alter 107er und in den 20er Jahren Chef der 6. Komp./I.R.11, übernommen hat, und die 9. Armee darüber befehligte erst Generaloberst Strauß, dann später, der sehr bekanntgewordene Generaloberst, zum Schluß Feldmarschall Model.  Heeresgruppe Mitte darüber, das war der Feldmarschall von Bock.  Wir waren also am Nordflügel der Heeresgruppe Mitte, und zwar beiderseits der Straße Suwalki (da war der sogenannte Suwalkizipfel, den wir uns schon vereinnahmt hatten nach Deutschland) nach Kalwaria in Litauen.

 

Vielleicht darf ich an dieser Stelle, weil das auch in unserer Regimentsgeschichte wiedergegeben ist, eine bemerkenswerte Unterhaltung vortragen on einem Augenzeugen, Bruder meines Rekrutenoffiziers, der später noch kommandierender General bei der Bundeswehr war, General Niepold, berichtet.  Dessen Bruder hat das also aufgezeichnet, der war damals beim Oberquartiermeister des Generalstabs des Heeres, und das ist ein Gespräch zwischen Feldmarschall von Brauchitsch, der ja damals Oberbefehlshaber des Heeres war,und Herrn Paulus.  Paulus ist bekannt als späterer Oberbefehlshaber der 6. Armee in Stalingrad.  Damals 1941 war er noch Oberquartiermeister des Generalstabs des Heeres als Generalleutnant.  Und von Brauchitsch sagte zu Paulus, nachdem die Meldungen über die ersten Angriffserfolgc der deutschen Truppen in Ruß1and vorlagen:

 

"Das ist ja sehr erfreulich, wie lange glauben Sie, Paulus, werden wir diesmal brauchen?" Paulus: "Na, Herr Feldmarschall, sechs bis acht Wochen wird's wohl dauern“.  Brauchitsch: "Ja, Paulus, da werden Sie recht haben, 8 Wochen werden wir wohl in Rußland brauchen"'. Ja, leider haben wir vier Jahre gebraucht mit völligem Untergang.

Wir sind dann am 23.  Juni abends über die alte Reichsgrenze gegangen und am 25.  Juni über den Njemen.  Am 26.  Juni waren wir in Wilna und kamen dann über Molodetschno an den Nordrand des damaligen ersten groβen Kessels, den wir um die Russen geschlossen hatten, bei Minsk, und in diesem Kessel sind etwa 300. 000 Russen gefangengenommen worden, aber fast ebenso viele sind sogar entkommen.  Wenn heute auch schon wissenschaftlich festgestellt wird, daβ die Russen offenbar im Grunde aufmarschiert waren, um demnächst auch ihrerseits anzugreifen, dann finde ich das bestätigt durch diese enormen Mengen von Russen, die relativ nahe an unseren Grenzen, in diesem Fall vor Ostpreuβen, sich versammelt hatten.  Wozu eigentlich?-

Wir sind in Rußland übrigens, weil ich die Kilometer ja immer angegeben habe, insgesamt von Ostpreußen bis an den Moskwa-Wolgakanal, 1500 km vorgegangen, natürlich damals eben weitgehend motorisiert.  Unser Regimentskommandeur Haase wurde schon 1940 versetzt, sein Nachfolger war der Oberst öller, ein Bayer, und 1941/42 hatten wir dann als Kornmandeur den Oberst Schürmann, der, was selten war, in der Reichswehrzeit studiert hatte und auch Diplomingenieur war, und demzufolge auch immer mal Kommandos hatte beim Heeresrüstungskommando und dann wieder an der Front.

 

Wir sind Ende Juni 1941 in die Gegend bei Welisch an die Drissa gelangt, da waren schon schwere Kämpfe, und dann hatten wir bei Newel sehr schwere Kämpfe.  Da waren Russen eingeschlossen gewesen, das hing noch mit dem Kessel von Smolensk zusammen.  Dort habe ich das erste Mal russische Greuel an deutschen Soldaten erlebt.

Die Russen hatten eine Vorhut von uns überfallen, und als wir dann dahin kamen, konnten wir nur feststellen, daß sie unsere Kameraden massakriert hatten.  Da haben wir allerdings beim nächsten weiteren Vorstoßen nun auch nicht gerade Gefangene gemacht, aber wir haben sie nicht massakriert.  Es folgten dann Kämpfe im Juli/August 1941 südostwärts Newel, teils schwerer Art, teils war's auch mal ruhiger, je nachdem, wie die allgemeine Kriegslage sich entwickelte.

Im September waren wir in der Gegend nordöstlich von Smolensk, und da spielte eine besondere Rolle ein Ort Cholm, in dem wir tagelang hin und her wogende Kämpfe hatten, die Russen dabei mit Panzern, und es war sehr bitter.  Dort bin ich am 4. September ziemlich häßlich verwundet worden, womit ich immerhin ein Vierteljahr im Lazarett zugebracht habe.

Ab 20.  September 41 war dann bei Demidow eine gewisse Zeit der Auffrischung und Ruhe und wieder der Reorganisation, denn es waren ja nun erhebliche Verluste eingetreten.  Es gab natürlich immer wieder Ersatz, aber die Qualität des Ersatzes war von Mal zu Mal schlechter, weil immer mehr Leute kamen, die noch völlig kriegsungewohnt waren.

 

Am 3. Oktober 1941 begann dann der nächste gröbere Vormarsch.  Hitler hatte ja am 2. Oktober verkündet: "Heute ist nun der Beginn der letzten großen Entscheidungsschlacht dieses Jahres"(!) I.R. 11 ist im Oktober weiter nach Nordosten vorgestoßen, zum Teil mit Kämpfen, zum Teil auch ungestört, und dann begann eine Schlammperiode, wo mehr oder weniger alles steckenblieb, und wo man zum Teil wieder auf Pferde, vor allem auf russische sogenannte Panje-Pferde, zurückgriff, um vorwärts zu kommen.  Aber das führte auch dazu, daß zunächst die Kämpfe etwas abflauten.  Aber als dann Frost einsetzte, Mitte November, wurde der Vormarsch fortgesetzt und am 28.  November 1941 erreichte das Regiment den östlichsten Punkt seines Vorgehens bei Dmitrow am Moskwa-Wolgakanal, etwa 60 km nördlich von Moskau . Dort blieb alles mehr oder weniger liegen, denn nun waren praktisch die militärischen Kräfte der Heeresgruppe Mitte erschöpft.

 

Das halte dann zur Folge, daß am 6. Dezembër 1941 der große Gegenangriff der Russen begann, zum Teil mit frisch herangeführten sibirischen Divisionen, die im Unterschied zu uns Winterbekleidung und Skieinheiten hatten, während unsere Leute immer nur noch mit Tuchmäntelchen und dünnen Kopfschützern ausgerustet waren.  Hier und da hatte vielleicht mal jemand einem toten Russen seine Fellstiefel abgenommen, aber das war- dann auch alles. Im wesentlichen war man bei uns auf den Winterfeldzug überhaupt gar nicht vorbereitet.  In der Heimat gab’s dann die Sammlungen für unsere Soldaten, Wintersachen usw., die sind zum großen Teil leider nicht bis an die verderste Linie gelangt.  Jedenfalls traten Erfrierungen leider in erheblicher Anzahl ein und natürlich auch sonst Verluste.  Die Fahrzeuge versagten, und es wurde vielfach unter dem Motor Feuer gemacht, um das Öl wieder weichzumachen.  Wir hatten ja damals noch kein winterfestes Öl wie heute, und im übrigen verbrannte dann auch manches Fahrzeug dabei.  Die Pferde waren im Grunde noch am Zuverlässigsten, jedenfalls war es ein treuriger Rückzug, natürlich auch mit starken Kämpfen.  So ist das Regiment dann am 15. Januar 1942 in einer Zwischenstellung am Flusse Lama südwestlich Klin gelandet, wo eine Weile immerhin Widerstand möglich war.

 

Am 19.  Dezember 1941 wurde übrigens Herr von Brauchitsch von Hitler abgelöst,und Hitler übernahm selbst auch den Oberbefehl des Heeres (mit dem entsprechenden Erfolg!). Die 14.  Division hatte von Beginn des Ruß1andfeldzuges am 22.  Juni bis Ende 1941 an Verlusten 216 Offiziere, 1114 Unteroffiziere, 4432 Mannschaften.  Das war also etwa ein Drittel mindestens des eigentlichen Mannschaftsstandes.  Es kam dann Ersatz, aber längst nicht in dem Umfang.  Das II.  Bataillon 11 hatte z. B. nur noch 35 Prozent vom Soll seiner Kraftfahrzeuge.

 

 

 

 

 

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Anfang Januar 1942 ist es den Russen gelungen, eine riesige Einbruchslücke zwischen der Heeresgruppe Nord und Heeresgruppe Mitte zu erzielen, und das hatte zur Folge, daß der Rückzug weitergehen mußte,auch vom IR 11, und dieses landete dann Ende Januar 1942 in der Gegend nordwestlich von Gshazk.  Da kam der Rückzug zum Stehen, alles bei entsprechend kaltem Winterwetter, und die Truppe war wiederum völlig erschöpft.  Immerhin hat man in dieser Gegend dann in Stellungen, wo man zum Teil die Gräben mit Handgranaten aussprengen mußte, um in die Erde reinzukommen, und bei hohem Schnee natürlich auch, die Stellung bis Anfang März 1942 gehalten.

 

Dann wurden wir dort abgelöst und kamen in den Raum von Rshew.  Ich selber habe übrigens am 2. März 1942 die 13.  Kompanie übernommen und wurde am 1.4.1942 Oberleutnant d. R.. Der Kampfraum Rshew hatte einen besonderen Namen, und wir haben uns in diesem Raum über ein Jahr herumgeschlagen.  Wir wurden in offenen LKWs und Güterwaggons transportiert, woraufhin, als wir ausgeladen wurden westlich von Rshew, als erstes einige erfrorene tote Pferde aus den Wagen fielen.  Dabei kann ich mich noch an eine etwas makabre Szene erinnern.  Der Kommandeur unseres I. Bataillons bat den an der Ausladestelle anwesenden Feldmarschall Model, der damals Oberbefehlshaber der 9. Armee war,und drängte, daß nun alles in diesen Kampfraum Rshew geworfen wurde, weil Rshew als Eckpfeiler der Front in höchstem Maße,bedroht war - darum, daß die Leute sich doch erstmal ein bißchen aufwärmen dürften nach dieser stundenlangen Fahrt in den eiskalten Waggons, worauf Model ihn einfach absetzte und einen anderen Hauptmann aus seinem Stab holte, der das Bataillon übernehmen mußte.  Nach einigen Tagen wurde der alte Kommandeur allerdings wieder eingesetzt.  Aber so hektisch war damals die ganze Situation, weil der Russe drohte, an Rshew südwestlich vorbei nach Osten umzudrehen, und alles, was in dieser Gegend steckte, zu umzingeln.  Das ist dann aber verhindert worden.

Wir hatten vom 8. März 1942 an sehr schwere Kämpfe, zunächist nordwestlich von Rshew, die sich bis Ende Juni 1942 hinzogen.

 

Am 30.  Juni 1942 wurde unser Regimentskommandeur Schürmann abgelöst.  Der, war dann beim "Chef H.Rüst."und kam später als Divisionskommandeur wieder an die Front.  Er war einer der ganz wenigen höheren Offiziere, dem es bei dem Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte 1944 gelungen ist, sich durch russische Umzingelungen durchzuschlagen.

 

Wir haben darin vom 4. Juli bis 17.  Juli 1942 ein kleines Angriffsunternehmen mit dem Kennnamen "Seidlitz" erfolgreich gestartet, und zwar ostwärts von Beloy, also weit südwestlich von Rshew, um der russischen Umfassung entgegenzuwirken.  Das ist dann auch gelingen.  Da haben wir vorgedrungene russische Teile eingeschlossen, und das Regiment hat immerhin doch 2227 russische Gefangene dabei gemacht.  Wir wurden danach nördlich Rshew eingesetzt und hatten dann unseren alten Bataillonskommandeur vom II.  Bataillon, den Oberstleutnant der Reserve Leschke, alter 107er, als Regimentsführer, der bald auch Oberst der Reserve wurde, das war damals relativ selten; er war auch unser erster Ritterkreuzträger.

Wir waren dann im Juli/August 1942 in dem Kampfraum nördlich der Wolga, die da in einem Bogen bei Rshew herumfließt, und nachher auch östlich Rsbew eingesetzt.  Da waren schwere Kämpfe, und zum Ende des Sommers trat wieder die Verschlammung ein, also Regen und eintsprechende schwierige Verhältnisse.  Der damalige Kopaniechef unserer 1. Kompanie, Oberleutnant Overhoff, erhielt für seinen tapferen Einsatz bei diesen Kämpfen das Ritterkreuz.  Unser III.  Bataillon wurde weiter südlich eingesetzt bei einer andere Division und dort völlig aufgerieben, dabei fiel auch der Kommandeur, der Major Eckart, der posthum auch das Ritterkreuz bekam.

Am 31. Oktober 1942 fand allgemein im Heer eine Umbenennung statt. Das heißt, aus den Infanterieregimentern wurden "Grenadierregimenter".  Wir heißen also damals Grenadierregiment (mot) 11 , und in Wirklichkeit waren wir vielleicht gerade noch teilmotorisiert.

 

Es ging weiter im Kampfraum Rshew bis Ende 1942, zum Teil in dem Raum, wo wir ursprünglich im Frühjahr 1942 schon einmal gewesen waren.  In der ganzen Zeit sehr schwere Kämpfe, so daß die Reste des Regiments am 20.  Dezember 1942 in einer sogenannten Kompanie Staiger zusammengefaßt wurden.  Die hatte eine Grabenstärke von 20 Offizieren, 13 Unteroffizieren und 481 Mann.  Das war der Rest des Regiments, und dazu gab’s noch die Infanterie-Geschützkompanie, auch natürlich abgeschwächt.  Im Dezember 1942 wurden wir abgelöst, im wesentlichen durch das Grenadierregiment 18 aus Bielefeld/Gütersloh.

Da möchte ich einflechten, dieses Regiment hat wie wir, also auch mindestens 1 Jahr lang, um Rshew gekämpft und zum Teil auch direkt am Nordrand der Stadt Rshew, und das hat in der Erinnerung nach dem Kriege dazu geführt, daß der Kameradenbund dieses Regiments ein sogenanntes "Kuratorium Rshew" gegründet hat in Gütersloh, wo man sich bemüht, mit den Russen in Rshew und zwar mit Erfolg - Kontakt zu knüpfen, insbesondere dadurch, daß sich tatsächlich russische Veteranen mit ehemaligen Angehörigen dieses Regiments 18 zusammengefunden und sich dann auch die Hand gegeben haben.  Es soll dort auch eine Kriegsgräberstätte, die zunächst sehr umstritten war in Rußland, errichtet werden, jetzt auch in Zusammenarbeit mit dem Volksbund für Kriegsgräberfürsorge.  Das geht soweit, daß die ehemaligen 18er zum Beispiel russische Deutschlehrerinnen nach Bielefeld geholt haben, damit sie an deutschen Schulen etwas mitbekommen usw. also eine für heutige Begriffe ja doch sehr positive Bemühung mit dem bekannten berechtigten Motto "Versöhnung über den Gräbern"'.  Wir sind als ller Mitglied in diesem Kuratorium, weil wir eben, wie gesagt, auch bei Rshew sehr viel Blut gelassen haben und leiden mußten und uns dieser Kampfraum weiß Gott in entsprechender Erinnerung ist.

 

Wir bekamen darin einen Tag vor Weihnachten 1942 wieder einen neuen Regimentskommandeur, Oberst Serini, und das Regiment wurde abgelöst, und zwar waren noch vorhanden 210 Mann Grabenstärke.  Dazu brauche ich wohl nichts weiter zu sagen!  Am 31.  Dezember 1942 übernahm der Oberst Holste die 14.  Infanteriedivision, der ist bekannt geworden durch die Endkämpfe um Berlin.  Das komische militärische Schicksal wollte es, daß unser Oberst Serini, der in der höheren Adjutanturlaufbahn war und immer abwechselnd Frontkommandos machen mußte, bei uns noch Generalmajor wurde, General also.  Und dann kam der Oberst Holste als Divisionskommandeur, wir feierten gerade diese schöne Beförderung, und sagte.  "Na mein lieber Serini, ich gratuliere Ihnen auch!" Da sagte der Serini:" Gehorsamsten Dank, Herr Oberst".  Das war also sehr bemerkenswert, wie ein Oberst einern General gratuliert.

Arischliesend von Januar bis Ende Februar 1943 waren wir nun wieder südöstlich von Rshew bei Sytschewka eingesetzt am zugefrorenen Flusse Ossuga.  Dort war es eine Zeitlang etwas ruhiger, wenn auch viel Schnee, so daß wieder etwas aufgebaut werden konnte, organisatorisch und mannschaftsmäßig im Regiment.  Es wurden besondere organisatorische Maßnahmen getroffen, sogenannte winterbewegliche Teile gebildet, da gab's schon mal ein Paar Skier, und in dem Winter hatten wir ja dann auch Winterbekleidung.  Wir hatten auch wieder zwei richtige Bataillone.  Am 1.2.1943 bin ich übrigens Hauptmann geworden und da hat mich der Oberst Serini überredet.  Er sagte: "Hören Sie mal, Rust, nun sind Sie schon Hauptmann, so'n junger Mensch, verpflichten Sie sich doch.  Was soll's denn, wenn der Krieg gewonnen wird, haben Sie große Chancen in Ihrem Alter, wenn er verloren wird, ist es sowieso egal".  Ja, da hatte er leider recht.  Also war ich dann aktiver Offizier.

Dann folgte vom 1. März an den ganzen März 1943 über die Räumung des Rshew-Bogens, die sogenannte Büffelbewegung, denn Rshew war damals nun ein völlig vorstehender Eckposten in der Front geworden.

 

Die Möglichkeit, erhebliche Kräfte einzusparen, konnte sich ergeben, indem man diese verspringende Ecke räumte.  Und das ist dann auch geschenen und war sehr gut organisiert.  Im überschlagenden Einsatz waren verschiedene Widerstandslinien. vorher erkundet, auch schon besetzt, und die Truppe überschlug immer eine Truppe, die in der nächsten Stellung lag und übernahm darin die übernächste Stellung, und so ging das rückwärts, so daß die Russen zum Teil erst verblüfft waren und dann auch nicht so scharf hinterher kamen.  Da wurde allerdings auch "verbrannte Erde" von uns gemacht, um den Russen in der Winterzeit keine Unterkunftsmöglichkeiten hinter uns zu geben, und es wurde auch die Eisenbahnlinie nach Rshew, die damals eine große Rolle spielte, stückchenweise gesprengt.  Wir sind dann Ende März 1943 in der Gegend südostwärts Smolensk gelandet.  Da war unsere Motorisierung noch etwa zu 20 Prozent des Solls vorhanden.  Zum anderen hatten wir uns mehr oder weniger schon mit Pferden beholfen.  Wir haben in diesem Raum von Ende März 1943 bis zum September 1943 gelegen, und zwar war das zunächst ein Ruheraum für uns zur Auffrischung.  In dieser Zeit wurden wir entmotorisiert, das heißt, ab Juni 1943 waren wir nicht mehr (mot) -Regiment sondern schlichtes Grenadierregiment 11.  Aus dem "Ruheraum" wurde infolge des russischen Vordringens bald wieder ein Kampfraum.  Am 1. Mai 1943 übernahm Major Walter unser Regiment, das war ein alter ller.  Er gehörte zu den relativ wenigen Männern aus dem Unteroffiziersstand, die schon in der Reichswehrzeit zum Offizier befördert worden waren.  Die 14.  Division übernahm vom Oberst Holste der Generalmajor Flörke, der bekannt war, denn er war ursprünglich Kommandeur vom Infanterie-Regiment 12 in Halberstadt gewesen.  Ich gab am 23.  Mai 1943 die 13. Kompanie befehlsgemäß ab und übernahm die 10.  Kompanie, weil ein drittes Bataillon damals im Aufbau war.

 

Dieses III.  Bataillon wurde am 10.  August 1943 beim rechten Nachbarn, wo es brannte, eingesetzt, und am ersten Tag fiel der Bataillonsführer aus. So hatte ich als relativ junger Offizier die Ehre, das Bataillon zu Übernehmen.

 

Wir mußten uns dann mehrere Tage lang gegen schwere russische Angriffe wehren.  Auf meine Anforderung kamen zwei Sturmgeschütze zur Verstärkung unserer Bataillonsstellung, doch kaum waren sie erschienen, bekam ich einen Anruf, die Sturmgeschütze müssten sofort zurück kommen, sie würden dringend weiter rechts gebraucht, da brennt's.  Ich habe das irgendwie nicht gleich richtig verstanden (!) und habe die Stürmgeschütze wenigstens erstmal. ein bißchen bei mir noch schiesen lassen, damit die Russen einen gewissen Eindruck hatten, denn vor Sturmgeschützen hatten sie ziemlichen Respekt.  Nach einigen Tagen rief ach das Regiment an, dem ich unterstellt war, und bekam keine Verbindung mehr und mit der Division, das war die 131., auch nicht.  Da habe ich mir gesagt, irgendwas stimmt da nicht und bin- rechts und links war niemand mehr da - bei Nacht und Nebel mit meinem Bataillon abgerückt Richtung Norden, um dort die Gegend zu erreichen, wo uriser Regiment, jedenfalls der Hauptteil, zu vermuten war.  Wir hatten zunächst nachts die Verpflegung noch bestellt, die Kameraden kamen schon mit dem Kochgeschirr.  Aber ich befahl: "Hier wird nicht gegessen, haut wieder ab, wir müssen sehen, daß wir jetzt schnell nach Norden wegkommen".  Denn ich, hatte gemerkt, daß hinter uns Russen schon durchgedrüngen waren.  Wir fanden so zu unserent Regiment zurück, und mein Regimentskommandeur Walter war sehr erfreut, daß sein III.  Bataljllon wieder da war.

Dann ging die Abwärtstbewegung weiter bis in die Gegend von Poslawl.  Ich war dabei als Führer des III.  Bataillons ständig Regiments-Nachhutführer.  Es bedeutete, daß sich die Masse des Regiments abends aus der tagsüber gehaltenen Stellung absetzte, während die Nachhut = 1/3 der- Regiments-Gefechtsstärke - nachts stundenlang eine volle Besetzung der Stellung vortäuschen mußte, um sich dann gegen Morgen auf die inzwischen von der Masse des Regiments bezogene neue Stellung zurückzuziehen. Dabei war befolen, daß von jedem Bataillon eine Kompanie länger vorn blieb, und ich hatte Deinen Bataillonsgefechtsstand wie eine Art Regimentsgefechtsstand in der Mitte der ganzen Regimentsbreite eingerichtet.

 

Dazu hatte ich befohlen, daß sich der letzte Kompanieführer beim Abrücken der Nachhut bei mir abmelden müsse.  An meinem Geburtstag 1943, als wir die letzte Marketenderware in meinem Gefechtsstands-Bunker gerade verkonsumiert hatten, kam nachts zunächst keiner.  Und dann - ich habe ja sehr viel Glück gehabt, - kam der eine Kompanieführer doch nochmal zurückgelaufen: "Mensch, wir hätten Sie beinahe vergessen!" Dadurch bin ich da noch rechtzeitig weggekommen, denn die Russen hätten sich sicher "gefreut", mich dann da noch vorzufinden.

Wir sind dann in die Gegend von Roslawl gekommen und wurden von dort wieder nach Nordwesten befördert in den Raum westlich Demidow.  Dort hatte das Regiment 5 Tage keine Verpflegung, weil die Küchen nicht nachgekommen waren.  Ende September 1943 wurde Smolensk geräumt, und es ergaben sich dann weitere Abwehrkämpfe.  Letzten Endes gelangte Gren.  Rgt. 11 dann in den Raurn um Witebsk, was ja dann einen besonderen Namen bekam.  Um Witebsk haben wir etwa ein Dreivierteljahr lang in schärfster Weise Krieg geführt, vom Oktober 1943 bis zum Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Juni 1944.  Im Oktober 1943 waren wir zunächst ostwärts Witebsk, da gab’s eine ausgebaute sogenannte Pantherstellung, die mußte dann gegen Weihnachten geräumt. werden, und dann sind wir in den Raum etwas nordostwärts Witebsk gekommen.  Am 5. Dezember 1943 bekam unser guter Walter - inzwischen schon Oberstleutnant - das Eichenlaub zum Ritterkreuz, er hatte mich am 18.  November 1943 als seinen Regimentsadjutanten zu sich geholt.  Heiligabend waren wir bei ruhigem Winterwetter auf dem Marsch in die nächste rückwärtige Stellung und haben uns dann vom 1. Januar 1944 bis 31.  Mai 1944 weiterhin im Raume Witebsk herumgeschlagen.  Die Gefechtsstärken waren schließlich wieder auf etwa 50 Prozent gesunken.

 

Am 5. Februar 1944 begann wieder ein großer russischer Angriff im Raum südostwärts Witebsk, denn die Russen wollten dort unsere noch bestehende Nachschub-Eisenbahnlinie von Witebsk nach Orscha unterbrechen, von welcher der ganze Nachschub für unsere ganzen Truppenteile um Witebsk abhing.

 

Wir wurden hart ostwärts dieser Eisenbahnlinie südlich Witebesk eingesetzt, und da war dann die Front nur noch 5 Kilometer entfernt von der Eisenbahn.  Das hatte u.a  die Folge, daß die züge, die dort fuhren, immer vor dieser Stelle den Dampf wegließen und dann so durchrollten, weil der Russe auf jede Dampferscheinung sofort mit Artillerie schoß.  Es ging also darum, den Durchbruch der Russen zu der Bahnlinie und weiter hinaus zu verhindern.  Das ist uns dann in schweren Kämpfen auch gelungen.  Da habe ich als zeitweiser Führer unseres II.  Bataillons das Ritterkreuz bekommen.  Mein Bataillon war auf eine Gefechtsstärke von 60 Mann abgesunken, Bis zum Ende März 1944 flauten die Kämpfe schließlich ab, weil wieder das berüchtigte Schlammwetter ausbrach.

Wir wurden dann herausgelöst, die 14.  Division wurde Heeresgruppenreserve.  Bis dann der bekannte russische Großangriff gegen die Heeresgruppe mitte begann, und zwar am 22.  Juni. 1944. Das war natürlich symbolisch gemeint, man denke an den 22.  Juni 1941!  Die Russen griffen mit gewaltiger Obermacht an, rechts und links der großen Rollbahn von Smolensk nach Moskau und dann auch speziell gegen Witebsk, das nun jetzt auch, ähnlich wie Rshew vorher, eine Eckfrontstellung bedeutete.  Dieser Angriff schlug durch, denn die Russen waren zwei- bis dreimal so stark in Bezug auf Menschen und Artillerie, zehnmal so stark an Panzern und achtmal. so stark an Flugzeugen uns gegenüber.

Das Regiment wurde nun eingesetzt gegen diesen Vormarsch nördlich Boguschewskoje und wurde schon nach relativ kurzer Zeit umfaßt und zerschlagen, denn die Russen kamen mit ständigen Zangenangriffen bis nach Minsk hin.  Dauernd wurden deutsche Truppen eingekesselt und es wurde auch immer chaotischer in Bezug auf die Ordnung, von Marschdisziplin war keine Rede mehr.  Es war schlimm.  Ich bin dieser Katastrophe entgangen,' weil ich, kurz bevor das losging, Heimaturlaub bekommert hatte als Trauzeuge bei der Hochzeit unseres Regimentsarztes.  Unsere Division ist also in mehr oder weniger katastrophalen Umfassungskämpfen verwickelt gewesen mit entsprechenden Verlusten und chaotischem Durcheinander von Truppenteilen.

 

Sie hat an der Beresina noch mal etwas Widerstand geleistet und ist dann praktisch untergegangen.  Unser Oberst Walter ist noch weitergekornmen bis in die Gegend westlich von Minsk, und es gibt Augenzeugen, wonach er mit wenigen Leuten noch zusammen war und dann gefallen ist.  Es sind nur ganz wenige sogenannte Rückkämpfer durchgekommen, die dann die weit westlich wieder stabilisierte Front der Deutschen erreicht haben.  Die Verluste der Heeresgruppe Mitte waren im Grunde höher als bei Stalingrad, es sind 28 deutsche Divisionen untergegangen mit etwa

300.000 Mann.

Nun war das Regiment eigentlich untergegangen.  Nur die 'I'rosse, die genügend weit westlich abgesetzt waren von der Front, haben sich im wesentlichen durchschlagen können.  Von der eigentlichen Kampfmannschaft war so gut wie kaum jemand mehr da.  Und da ergab sich nun eine ganz neue Situation.  Es waren in der Heimat sogenannte Walküre-Regimenter gebildet worden, die eigentlich am 20.  Juli 1944 von den Widerständlern eingesetzt werden sollten.  Aber man hat dann doch vom OKH her wohl die Meinung gehabt, das könne man nicht machen, Truppenteile in Deutschl-and zurückzuhalten, wo die Ostfront mehr oder weniger in der Mitte zerbricht.  So hat sich dann am 11.  Juni 1944 unser letzter Regimentskommandeur, Eichenlaubträger, oberstleutnant Fritzsche, mit einem sogenannten Walküre-Regiment 1069 in der Gegend östlich von Grodno bei unserem Divisionskommandeur, Generalleutnant Flörke, gemeldet, der beim Zusammenbruch der Front nach hinten befohlen worden war, er sollte ein Korps übernehmen.  General Flörke hatte eine Kampfgruppe gebildet.  Bei der meldete sich also der Oberstleutnant Fritzsche, nachdem er mit seinem Regiment per Eisenbahntransport mehr oder weniger wild ausgeladen worden war.  So hat dann dieses Regiment 1069 in dem Gebiet östlich Grodno gekämpft. -

Am 19.  Juli 1944 war ich übrigens von meinem Urlaub zurückgekehrt. - das war gar nicht so einfach damals, von der Heimat wirklich wieder zu seinem alten Truppenteil zu gelangen. Ende Juli 1944 wurde dieses Grenadierregiment 1069 umorganisiert und bildete das erneuerte Grenadierregiment 11.

 

Wir hatten wieder zwei Bataillone und Reginientseinheiten, und die 11-er waren also wieder da, wobei auch immer wieder mal alle Regimentsangehörige zu uns kamen, insbesondere aus der Heimat Genesene.  So waren auch immer noch alte bekannte Gesichter wieder beim Regiment.

 

Wir haben dann gekämpft in dem Raum nordöstlich und danach westlich von Grodno, später bei Ossowiec, das ist schon hart am Rande von Westpolen, und landeten schlieblich bei dauernden Abwehrkämpfen vor Ostrolenka.  Deutschland hatte während des Krieges Ostpreußen nach Süden erweitert bis zum Narew, und Ostrolenka war auch umgetauft worden und hieß jetzt Scharfenwiese.  Dort haben wir im August/September 1944 in schweren Kämpfen eine Brückenkopfstellung am Narew gehalten, die schließslich im September 1944 geräumt, werden mußte.  So gelangten wir, in die sogenannte Ostpreußen Schutzstellung am Westufer des Narew, direkt gegenüber der Stadt Ostrolenka.  Diese Stellung war vor ereitet worden durch Schanzeinsatz von ostpreußischer Zivilbevölkerung und Hitlerjugend.  Sie war, direkt am Westufer des Narew gelegen, taktisch gar nicht schlecht angelegt.

Es war, dann relativ ruhig, bis im Januar 1945 die große russische Offensive begann, die letzten Endes in Berlin endete.  Zunächst konnten wir unsere Stellung bis Mitte Januar 1945 noch halten. - Am 1.11.1944 hatte ich übrigen das zweite Bataillon übernommen und habe dann die Kämpfe um und in Ostpreußen in dieser Funktion bis fast zum bitteren Ende erlebt.  Zuvot hatte Hauptmann Wolf das Bataillon geführt, der als Bataillonskommandeur mit dem "Walküre-Regiment" 1069 zu unserem Regiment gestoben war.  Er hat für seinen tapferen Einsatz in Ostpreußen das Ritterkreuz erhalten.

Am 18.  Januar 1945 mußten wir die Narewstellung aufgeben, weil der Russe bei unserem rechten Nachbarn so tief eingebrocheri war, daß wir ohne Anschluß in der Luft hingen.  Wir sind dann am 24. Januar über die alte Reichsgrenze zurückgegangen, etwa 30 km südostwärts von Ortelsburg.

 

Ortelsburg selbst war- schon am 23.  Januar von den Russen erobert worden, und am 22.  Januar 1945 hat man, kurz bevor die Russen dort erschienen, das in der Nähe befindliche TarinenbergDenkmal gesprengt und den dort befindlichen Sarg von Hindenburg in die Elisabethkirche in Marburg gebrackt.

 

Am 25.  Januar 1945 waren die Russen nach Norden durchgebrochen, bis nach Elbing und an's Frische Haff.  Damit war Ostpreußen nach Westen hin vom Reich - wie man damals sagte - abgeschnitten Wir kamen am 26.  Januar 1945 an die Stelle zurück, wo wir am 22. Juni 1941 den Rußlandfeldzug begonnen hatten - bei Bischofsburg.  Es hat dann ein Versuch stattgefunden, eingeleitet von -dem Oberbefehlshaber der -4.  Armee, dem General Hoßbach, besonders bekannt durch die Hoßbach-Protokolle im Zusammenhang mit der Fritsch-Krise.  HoBbach hatte die Idee und wurde dabei gedeckt von seinem Oberbefehlshaber, das war damals "unser" Generaloberst Reinhardt, Ostpreußen zu räumen, denn im Osten Ostpreußens stand die Front ja noch bis an die alte Reichsgrenze.  Man wollte nach Westen durchstoßen unter Mitnahme der Bevölkerung, soweit das möglich war, um sich mit den deutschen Kräften westlich in Hinterpommern wieder zu verenigen.  Als Hitler das bemerkte, hat er beide Befehlshaber abgelöst und an ihrer Stelle "willfährige" Befehlshaber einsetzen lassen mit dem Befehl, Ostpreußen zu halten, was aber nicht möglich war.

 

Wir waren auf diese Weise schon etwas nach Westen abgedreht worden, also aus unserer alten Richtung, die eigentlich nach Norden ging in den Raum Wormditt.  Da hatte ich am 2. Februar 1945 als Bataillonskommandeur den Auftrag, einen Nachtangriff durch ein Waldgelände zu machen, um eine Frontlücke zu schließen zusammen mit unserem ersten Bataillon. Vorher fand natürlich eine Einsatzbesprechung beim Divisionskommandeur statt, und der schlug vor: "Um die x-Zeit sowieso werden wir erst eine Artillerievorbereitung machen in diesen Wald hinein, und dann schicke ich ein paar Sturmgeschütze, die können mit vor und dann müssen Sie angreifen".

 

Da habe ich, das konnte ich mir nun inzwischen erlauben, gesagt  "Herr General, ich würde das nicht vorschlagen.  Wenn wir Artillerievorbereitung machen, dann wecken wir den Russen auf, das Ganze sollte bei Nacht im Walde still vor sich gehen.  Und die Sturmgeschütze können nachts im Wald sowieso nichts machen, die können wir morgen früh gebrauchen." Und so geschah's dann auch, und wir haben die Russen überrumpelt in diesem Waldgelände und haben die Frontlücke geschlossen.  Wir haben einige Russen gefangen und auch schwere Waffen erbeutet, so z. B. Eine russische Kanone, Kaliber 7,62 cm, mitsamt Pferdebespannung, was zu dieser Zeit nur noch sehr selten vorkam.  Für diesen Angriffserfolg habe ich dann das Eichenlaub zum Ritterkreuz erhalten.

Wir sind danri am 9. Februar 1945 in die Gegend von Braunsberg, verlegt worden und haben dort noch einen Angriff nach Westen versucht.  Das hat aber nicht mehr richtig geklappt, und wir wurden dann direkt im sogenannten Heilsberger Dreieck eingesetzt.  Das war die einzige Befestigungslinie, die Deutschland nach dem Versailler Vertrag zugestanden war.  Und da war das Originelle: Wir waren da in den alten Bunkern des Dreiecks, ja nun nach den Maßstäben von 1925 gebaut waren, die Russen waren aber auch schon in das Heilsberger Dreieck eingedrungen.  Und da gab's unterirdische Telefonverbindungen, die durch die ganze BunkerLinie liefen.  Ich hatte einen klugen Dolmetscher-, der darin immer abgehört hat, was die Russen vorhatten.  Das war recht hilfreich für uns!  Wir haben uns in dieser Bunkerstellung eine ganze Weile halten können und sind dann in die Gegend südostwärts Heiligenbeil gelangt, wurden aber allmählich immer mehr zurückgedrängt.  Die Verluste waren bei der Überlegenheit der Russen dementsprechend hoch.  Am 8. März kam der Oberst Fitzsche aus Krankheitsgründen in die Heimat.  Danach fühte ein zu I.R. 11 kommandierter Major Pusch das Regiment, bis zum 20.3.1945 und arischließend trat ich für eine Woche an seine Stelle.

 

Wir wurden dann bis zum Frischen Haff südwestlich von Kap Balga zurückgedrängt und erlebten dort das Elend der ostpreußischen Flüchtlingstrecks, die über das Frische Haff zur Frischen Nehrung strebten, um von dort über die Ostsee per Schiff zu entkommen.  Dieses Elend begleitete uns allerdings schon wochenlang vorher in Ostpreußen, was dazu führte, daß wir Schwierigkeiten hatten, uns auf den Straßen zu bewegen , weil die Trecks dazwischen steckten.  Jedenfalls war es besonders schlimm, wenn die Trecks noch über's Eis des Frischen Haffs fuhren, was allmählich auftaute, worauf auch manche Wagen versackten - und die Russen zum Teil mit Fliegern dazwischen. - Es war dann immerhin einige Zeit noch eine Widerstandslinie da - südlich der Dünenlandschaft des Haffs, - aber die Russen konnten eigentlich mit der Artillerie hinschießen, wo sie wollten, sie trafen immer etwas, es ergab sich ja eine enorme Zusammendrängung von Truppenteilen im Dünengelände.  Und nun fingen einzelne Landser an, sich Boote zu organisieren und selbstgebaute Pontons, die sind dann zum Teil untergegangen, schaurige Bilder!  Da ich das Ritterkreuz umhängen hatte, brauchte ich nur irgendwo hinzugehen am Strand, dann hatte ich gleich so zwanzig dreißig Landser hinter mir, die dachten, aha, der weißs was, der weiß was ... ! Das kann ich heute alles nur andeuten.

 

Ich habe dann das dritte Mal das große Glück gehabt, das erste Mal bei meiner Verwundung, das zweite Mal beim zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte auf Urlaub und das dritte Mal - am 26.  März 1945 bekam ich einen Versetzungsbefehl.  Ich bin unter unglaublichen Umständen nach Pillau gelangt, - das heißt, es kamen Marineprahme an den Strand, natürlich nur bei Nacht, es gab ja auch keine Häfen mehr, und dann ging man bis zu diesen Landungsbooten durchs Wasser, und ich immer das Ritterkreuz rausgehängt, damit ich noch ein bißchen Respekt vielleicht hatte.  So bin ich also nach Pillau gekommen und bekam schließlich nach einigem Hin und Her den Befehl, ich sollte mich beim Heerespersonalamt melden, das saß damals in Berlin-Zossen.

 

Da bin ich bei Nacht und Nebel, in Pillau von einer, Außenboje mit einem Seenotfahrzeug der Luftwaffe nach Stralsund gelangt. Dazu nußte man einen Extraausweis haben, daß man Ostpreußen verlassen durfte.

 

Über meine alte Geburtsstadt Greifswald, wo ich mich mit einer Zahnbürste und anderen notwendigen Dingen bei alten Freunden ausgerüstet habe, bin ich dann schließlich und endlich nach Berlin gekommen.  Ich wurde abgeholt i die Reichskanzlei, um das Eichenlaub in Empfang zu nehmen.  Das machte darin am 31.3.1945 der letzte Wehrmachtsadjutant von Hitler, Der sich später unten im Hitler-Bunker wohl das Leben genommen hat, der General Burgdorf.  Der hängte mir das Eichenlaub also um mit: der Bemerkung "Also für unsere jungen Frontoffiziere sind wir immer zu haben.  Wenn Sie irgendwas auf dem Herzen haben, Sie können sich direkt an mich wenden unter Umgehung des Dienstweges"  Dazu ist es aber nicht mehr gekommen (!!).

 

Nun das Ende vom Greriadier-Regimerit 11: Am 28.  März 1945 wurden die Reste des GR 1,1 nachts - und sie hatten Glück, da war’s ziemlich neblig mit Booten über das Frische Haff auf die Frische Nehrung gebracht.  Das Häuflein aus dem Kessel- von Heiligenbeil, soweit noch verwendbar, hat sich dann auf der Frischen Nehrung zurückgeschlagen bis in die Weichselniederung ostwärts von Danzig.  Da führte Oberstleutnant Winkler als Kommandeur die Restteile des Regiments, der früher Kommandeur unseres Schwesterregiments 101 gewesen war.  Man hat sich dann bis zum 8. Mai 1945 stückweise auf der Frischen Nehrung immer wieder riegelbildend, die Nehrurig ist ja ziemlich schmal, zurückbewegt und gelangte dann in die Weichselniederung.  Man hatte sogar die letzen zwei, drei 'I'age des Krieges etwas Ruhe, wei1. das ganze Gebiet kolossal überschwemmt worden war in die Richtung, von wo die Russen kommen konnten, also nach Süden und Osten.  Und dann war das Ende am 9. Mai 1945, da haben dann die Reste kapituliert.

 

In  unserer Regimentsgeschichte ist folgende Szene bei der Kapitulation wiedergegeben:

Die letzten 40 000 Verteidiger Ostpreußens, kapitulieren am 9. Mai.  Etwa 1000 Mann der 14. infanterie-Division marchieren auf der Straße Danzig-Tiegenhof in die russische Gefangenschaft.  Die letzte Kompanie marschiert noch im Excerziermarch an Oberstleutnant Winkler vorbei.  Er schreibt:

 

"Die letzte Kompanie des zweiten Batailions legte die Waffen ab. Da kam Oberst Abramow zu mir heran, der Russe.  Er machte mich drauf aufmerksam, daß noch eine Kompanie fehle. Gerade in diesem Augenblick erschien sie mit der Spitze in der Straßenkurve, die gut 200 Meter links von uns lag.  Genau wie auf dem Kasernenhof.  Gleiche Abstände, gleiche Seitenrichtung und gut auf Vordermann kamen sie heran.  Ein herrliches Bild für einen Soldaten.  Plötzlich war Gesang zu hören.  Weit über das aufhorchende.  Regiment hinweg schallte das deutsche Marsch1ied. Die russischen Offiziere steckten die Köpfe zusammen.  Da war die Kompanie heran. Die Männer dieser Einheit, die so viele harte Einsätze gemeinsam mit mir durchgestanden hatten, erkannten klar die augenblickliche Situation.  Trotz der bitteren und schweren Lage wandten sie mit stolzem Lächeln den Kopf zu mir herüber, zum letzten Mal durfte ich diesen braven Männern, mit denen mich soviel Freud und Leid verband, in die Augen sehen. lch war gerührt, und Tränen tiefsten Schmerzes standen mir in den Augen.  Aus der laut geführten Unterhaltung der russischen Offiziere hörte ich immer wieder das Wort "Disziplina" heraus.  Noch einmal schaute ich zurück auf die fast vollzählig versammelte Kampfgruppe.  Da standen sie nun, die letzten Reste vom Regiment 11, vom Regiment 53, vom Regiment 101, vom Divisionsfüsilierbataillon 14 sowie die als Infanterie eingesetzten Teile des Pionierbataillons 14, der Nachrichtenabteilung 14 und des Artillerieregiments 14.  Führerlos und ohne Rückhalt blieben sie zurück.“-

 

Soweit unsere Regimentsgeschichte.